Quo vadis, Bergsteigen?

Quo Vadis, Bergsteigen?

Es gibt Bergmenschen und es gibt Meermenschen.

 

Und es gibt Menschen, die ohne das eine nicht leben können und ohne das andere nicht leben wollen. Zu letzteren gehöre ich, denn ich weiß, dass, wenn ich nicht jahrelang im hohen Mittelgebirge gelebt hätte, und es nicht noch heute vor der Haustür hätte, wenn ich bei halbwegs klarer Luft von meinem Haus aus nicht den Blick auf Hochkalter, Watzmann und Hohen Göll, auf das Tennengebirge und den Dachstein genießen könnte, ich wahrscheinlich todunglücklich wäre.

 

Andererseits, das gebe ich zu, merke ich spätestens, wenn ich mal wieder barfuß am Strand recherchieren darf, dass ich schon hin und wieder auch ans Meer fahren muss, denn auch seine Urgewalten sind faszinierend, geradezu berauschend.

 

Es ist, wie das Hochgebirge, eine sehr ursprüngliche Welt:

 

Die Höchstlagen der Gebirge dieser Welt und die Tiefseegräben unserer Ozeane, das Ewige Eis der Pole: Wir Menschen können uns in diesen Bereichen nur äußerst kurz und/oder mit ausgeküngelten technischen Hilfsmitteln aufhalten und trotzdem dringen wir immer weiter in die Todeszonen vor, zahlen horrende Preise dafür, dass wir uns in Lebensgefahr begeben.

 

WARUM?

 

Menschen sind Entdecker, streben nach Leistung.

 

Unsere computerisierte Welt ist süchtig nach dem Spektakulären, denn etwas scheinbar "Normales" ist, so glaubt man, keiner Nachricht wert. Vor einigen Jahren - ich erinnere mich gut daran - wurde beim Internationalen Bergfilmfestival in Tegernsee der Profibergsteiger Alexander Huber gefragt, warum er sich immer "so verrückte Sachen ausdenke". Seine lachende Antwort: "Wenn ich eine normale Bergwanderung machen würde, würde ich nicht hier stehen." 

 

Gefährliche Expeditionen, die Besteigung von 8-Tausendern in Rekordzeit, filmisch von den Medien begleitet oder im Internet vermarktet, geben Stoff für Vorträge, bringen Bekanntheit.

 

Andererseits wecken sie Begehrlichkeiten bei Nicht-Profis, die glauben, Gipfelselfies auf den höchsten Bergen dieser Erde seien einfach zu kaufen in von Reiseveranstaltern scheinbar perfekt organisierten Expeditionen.

 

Sie sind es nicht!

 

Der Preis für den Rummel um die höchsten und abgelegensten Berge dieser Erde ist hoch:

 

Immer wieder, immer häufiger wird die Bergsteigercommunity durch den Tod bekannter BergsteigerInnen erschüttert.

Man versucht sich zu trösten, dass der- bzw. diejenige bei seiner Lieblingsbeschäftigung gestorben ist.

 

Doch es ist eine Ausrede. Keiner will sterben, der gesund ist!

 

Schon die ersten Bergfilme, beispielsweise die Filme Arnold Fancks oder Luis Trenkers (z.B. "Der Berg ruft") erzählen in teils spektakulären Bildern von der heroischen Auseinandersetzung des Menschen mit dem Berg, den es zu "bezwingen" gilt, vom Wettkampf mit anderen Bergsteigern, von tödlichen Gefahren.

 

Der Bergfilm kommt von dort, sollte dort aber nicht stehenbleiben!

 

Filme beeinflussen das Denken, wecken Begehrlichkeiten, vereinfachen aber auch häufig die Realität.

 

Unser Alltag ist computerisiert, durchgeplant.

 

Die Berge lassen sich jedoch nicht von uns einengen, sie fordern Respekt. Und der geht in unsere Welt immer mehr verloren... immer schneller, weiter, höher... Alles ist erreichbar, auch de Gipfel eines noch so hohen Berges.

 

Oft ist er es nicht.

 

Daher sollten wir uns darauf besinnen, was uns die Berge wirklich geben können:

 

"Spaß im Gebirg`, wie es der Gründer der BR-Bergsteigersendung "Bergauf Bergab", Hermann Magerer, einst ausdrückte.

 

Ein paar Stunden -  allein oder zusammen mit guten Freunden - in der Natur.

 

Lebensfreude, nicht Tod und Trauer.

 

"Action" hat am Berg nichts zu suchen, auch nicht im Film.